Kann man durch Denken abnehmen? Man kann.
Kann man durch Denken seine Ausdauer erhöhen? Man kann.
Kann man durch Denken sein biologisches Alter beeinflussen? Man kann.
Kann man durch Denken seine Trainingsergebnisse verbessern? Man kann.
Abnehmen
Man kann bei einer Tätigkeit mehr oder weniger Gewicht abnehmen, je nachdem, wie man über diese denkt. Das ist die Erkenntnis der Harvard-Professorin Ellen Langer und Alia Crum. Sie untersuchten, ob es sich positiv auf die Fitness von Zimmermädchen auswirkt, wenn man ihre tägliche Arbeit zum sportlichen Training erklärt.
Das Aufschütteln von Betten, Saugen und das Putzen von Bädern sollten als eine Art Training an unkonventionellen Fitnessgeräten begriffen werden. Das Ergebnis: Nach 30 Tagen hatten jene Teilnehmerinnen, deren Arbeit zum Training erklärt worden war, durchschnittlich um fast ein Kilogramm abgenommen, der Blutdruck senkte sich um zehn Prozent, der Körperfettanteil reduzierte sich und das Verhältnis von Bauch- zu Hüftumfang sowie der Körpermasseindex (BMI) veränderten sich bei den Frauen positiv.
Die Kontrollgruppe, die nicht über die positiven Effekte ihres Jobs informiert wurde, machte ihre Arbeit mit derselben Einstellung wie bisher – ohne signifikante körperliche Veränderungen.
Das Experiment ist eines von vielen Untersuchungen, die Ellen Langer unternommen hat, um ihrem Lebensthema "Wie viel Macht haben Gedanken über uns?" auf den Grund zu gehen. In Hunderten von Studien erforscht sie schon seit den achtziger Jahren, wie sich Gedanken über uns und unsere Umwelt auf unsere Befindlichkeit auswirken.
Ausdauer erhöhen
Langer nennt jene Glaubenssätze, die unser Leben steuern, ohne dass wir es bemerken "Mindless automata (Geistlose Automaten)". Fremde Gedanken oder einmal gemachte Erfahrungen werden für allgemeingültig erachtet und ungeprüft auf neue Situationen angewandt.
Ein weitverbreiteter unbewusster Automatismus besteht zum Beispiel darin, dass Menschen glauben, bei Gymnastik grundsätzlich zu ermüden, wenn zwei Drittel der Übungen absolviert sind. Als Beweis für diese Regel ließ Langer drei Gruppen von Probanden unterschiedlich viele Hampelmann Sprünge machen: Alle drei Gruppen kamen nach etwa zwei Dritteln der Übung aus der Puste – absolut unabhängig davon, ob sie hundert, dreihundert oder fünfhundert Sprünge absolvieren sollten.
Ein weiters solches Beispiel ist der Einbruch bei km 30 beim Marathon - ich habe Athleten bei Double- und Triple-Ironmans betreut, da gibt es bei 30 km keinen Einbruch! Auch 24h Läufer haben bei 30 km keinen Einbruch.
In einer Studie von Alia Crum von der Stanford University, die in der Zeitschrift Nature Human Behavior veröffentlicht wurde, beschäftigen sich die Forscher auch mit dem Thema Ausdauer. Sie testeten die Probanden auf eine Variante eines Gens, welches eine Person anfälliger für Ermüdung macht und ließen diese dann auf einem Laufband einen ersten Test laufen.
Dann teilten sie die Probanden in zwei Gruppen und erzählten der einen Gruppe, sie hätten das Gen, das sie leichter ermüden lässt, der andern Gruppe, dass sie das Gen nicht hätten. Als die Probanden wieder auf dem Laufband liefen, veränderte sich die Ausdauerfähigkeit signifikant. Die Gruppe, welcher erzählt wurde, sie hätten das Gen, mit dem Sie früher ermüden, stoppten im Schnitt 22s früher als die andere Gruppe. Außerdem reduzierte sich bei diesen die Lungenkapazität. Die anderen Läufer, welchen gesagt wurde, sie hätten das Gen nicht, liefen länger - unabhängig davon, ob sie das Gen wirklich aufwiesen oder nicht. Alia Crum stellte hier fest: "Nur zu denken, dass man schlechte Ausdauer Gene hat, verändert bereits den Körper."
Biologisches Alter beeinflussen
In einem ihrer bekanntesten Experimente der "Counterclockwise" Studie lud Ellen Langer zu Beginn der achtziger Jahre Herren um die achtzig in ein ehemaliges Kloster ein. Dort war alles so eingerichtet wie zu jener Zeit, als die Probanden zwanzig Jahre jünger waren. Alte Bücher und Zeitschriften lagen auf, im Fernsehen lief das Programm von vor 20 Jahren. Außerdem wurden die Probanden aufgefordert, sich über die Ereignisse jener Zeit so zu unterhalten, als fänden sie aktuell statt.
Nach einer Woche waren die Probanden beweglicher geworden, schnitten in den Hör-, Seh- und Intelligenztests deutlich besser ab als die Kontrollgruppe. So als, ob das Alter eine Frage der persönlichen Einstellung wäre.
In welchem Ausmaß der Geist den Körper beeinflusst, zeigen auch die Versuche des amerikanischen Sozialpsychologen John Bargh: Er ließ die Teilnehmer einer Experimentalgruppe Kreuzworträtsel lösen, die negative Stereotype über das Älterwerden enthielten – wie "schwerhörig", "grau", "Hautfalten". Eine Kontrollgruppe löste Rätsel mit neutralen Wörtern. Danach wurden alle Probanden in ein anderes Gebäude geschickt und die Forscher stoppten die Zeit, die jeder für den Weg benötigte. Das Ergebnis: diejenigen, die sich mit Begriffen, die dem "Alt sein" zugeordnet werden, beschäftigt hatten, gingen nachweislich langsamer als die anderen. In der Psychologie wird dieses Phänomen als "Priming" bezeichnet: Wörter oder Bilder lösen beim Menschen spezifische Assoziationen zu existierenden Erfahrungen aus und beeinflussen so das Verhalten.
Priming - sagt Ellen Langer - aktiviert Gedanken, die wir unaufmerksam aufgenommen und verinnerlicht haben. Solche unterschwelligen Gedanken zu entdecken und neu zu bewerten, bezeichnet Langer mit "Mindfullness (Achtsamkeit)": Achtsamkeit bedeutet: in dem, was wir bereits zu kennen glauben, etwas Neues entdecken.
Meine persönliche Erfahrung bei einem Lauftechniktraining
Ich habe bisher viele positive Erfahrungen mit Änderung des Mindsets gemacht. An ein Ereignis kann ich mich besonders gut erinnern: zu einem meiner Lauftrainings kam ein Mann um die 60 Jahre jung. Er bewegte sich locker und frei, da er mit seiner Frau viel tanzte und auch sonst sehr aktiv war. Als er aber zu laufen begann, bewegte er sich steif und vollkommen unökonomisch - durch die Übungen, die wir machten wurde es besser, aber es aber immer noch nicht so, wie er sich sonst bewegen konnte.
Als ich Ihn darauf anspach, erzählte er mir, dass er als Junger Mann von 17 Jahren Läufer analysiert hatte und dabei zum Schluss gekommen war, dass sich der Rumpf nicht bewegen darf. Als ich ihn dann aufforderte, mir zu zeigen wie er mit 16 Jahren gelaufen war, konnte er plötzlich völlig frei und federnd jugendlich laufen. Ab dem Zeitpunkt ging das Laufen locker, wenn er auch selbst ein wenig von der plötzlichen Änderung verwundert war.
Worauf legst Du den Fokus im Training? - dass Du stärker, koordinierter, ausdauernder wirst - oder schon bist? Oder eher auf das, was nicht klappt? Es ist eine Entscheidung - und wie die Studien zeigen - eine wesentliche und vor allem persönliche.
Wenn Du Wege suchst, wie Du Dein Training mit dem passenden Mindset optimieren kannst, kontaktiere mich:
Referenzen:
Die Uhr zurückdrehen? : Gesund alt werden durch die heilsame Wirkung der Aufmerksamkeit. Ellen Langer, Junfermann, Paderborn 2011, ISBN 978-3-87387-755-9
Learning one’s genetic risk changes physiology independent of actual genetic risk. Bradley P. Turnwald, J. Parker Goyer, Danielle Z. Boles, Amy Silder, Scott L. Delp & Alia J. Crum .Nature Human Behaviourvolume 3, pages48–56 (2019)
Mindfulness, 25th anniversary edition, Ellen Langer, Da Capo Lifelong Books, Auflage: 2 - 2014, ISBN: 978-0-73821-799-4